Die Vergolderin by Helga Glaesener

Die Vergolderin by Helga Glaesener

Autor:Helga Glaesener [Helga Glaesener]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 978-3-8437-0494-6
Herausgeber: List Taschenbuch
veröffentlicht: 2014-11-09T16:00:00+00:00


Sechzehn

Tatsächlich wurde in den folgenden Tagen fast ohne Unterbrechung zu Gericht gesessen. Henning Brabandt hatte offenbar kurz vor seiner Verhaftung versucht, mit einigen seiner Gesinnungsgenossen zu fliehen. Aber die meisten hatte man wieder einfangen können, und die Urteile, die nun über die Männer gefällt wurden, waren von unvorstellbarer Grausamkeit und wurden unter dem Gejohle der Menge vollstreckt.

Elisabeth fragte sich, wen das blutige Schauspiel, das sich nach einem immer gleichen Ritual vom Neustadt-Gefängnis bis zum Marktplatz wiederholte, in den Bann ziehen mochte. Sie ahnte, dass es Menschen vom Schlag Schinkels waren, aber sie sah auch Geistliche und behäbige Handwerkerfrauen und braungesichtige Kinder an Großvaters Fenster vorbeieilen, wenn die Armsünderglocke rief. Gelegentlich tauchten auch Menschen mit Tränen in den Augen und geballten Fäusten auf, die aber nicht mehr zu sagen wagten, was vor kurzer Zeit noch öffentlich auf den Märkten diskutiert wurde: Dass nämlich das angebliche Delikt des Verrats nichts als ein Vorwand war, die Vertreter der nicht zunftfähigen Gewerbe im Rat loszuwerden.

Ich hasse diese Stadt, dachte Elisabeth voller Zorn. Im Moment waren die Gerichte und mit ihnen die Goldschmiedemeister mit den Bürgerhauptleuten beschäftigt und hatten daher keine Zeit, sich mit dem Zwist zwischen Gregor Rudel und Martin Clavius zu beschäftigen – das war das einzig Gute an diesen schrecklichen Tagen. Aber es würde sich bald ändern.

Wenn Rudel ihnen einflüsterte, dass auch Clavius mit dem Herzog in Verbindung stand, würde er das nächste Opfer ihres Wahns werden. Sie würden ihn ebenfalls zum Richtblock schleifen. Warum konnte Clavius das nicht begreifen? Warum reiste er nicht ab? Zum ersten Mal hatte Elisabeth einen warmen Gedanken für Elias übrig. Vielleicht würde der Diener seinen Herrn zum Gehen bewegen? Er stand mit beiden Beinen im Leben und wusste, wie rasch es einem Menschen an den Kragen gehen konnte.

Eine kurze Zeit lang hielt diese Hoffnung sie tatsächlich aufrecht. Aber dann kam ein Bote von Korver, der sie für den nächsten Tag ins Zunfthaus bestellte, und da wusste sie, dass das Unheil seinen Lauf nehmen würde. Wie betäubt richtete sie ihr bestes Kleid her.



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